Blackout: Vorsorge für Feuerwehren

Artikel vom 12. Oktober 2022
Stromerzeuger
Ein Stromausfall wird generell als eines der zentralen Risiken für einen Blackout in Deutschland eingestuft (Bild: pixabay / Fotograf: jplenio)

Ein Stromausfall wird generell als eines der zentralen Risiken für einen Blackout in Deutschland eingestuft (Bild: pixabay / Fotograf: jplenio)

Als Blackout wird ein plötzlicher, überregionaler und langandauernder Stromausfall bezeichnet. 2) »Plötzlich« heißt, dass innerhalb von wenigen Sekunden aufgrund von Kaskadeneffekten die Stromversorgung zusammenbrechen kann. Das bedeutet, es wird keine Vorwarnung geben (einzige Ausnahme wäre als Ursache ein Sonnensturm). »Überregional« heißt, dass Gesamtdeutschland, Teile Europas oder Gesamteuropa betroffen sein werden; und mit »langandauernd« ist eine Zeitspanne von ab 12 Stunden gemeint.

Ein Blackout wird in drei Phasen unterteilt. 3) Phase 1 ist der eigentliche Stromausfall, währenddessen der Netz- und Versorgungswiederaufbau erfolgen wird. Diese Phase kann in Deutschland einige Tage dauern, für Europa wird ein Zeitrahmen von ca. 1 Woche erwartet. Wenn dann wieder Strom verfügbar sein wird, schließt sich Phase 2 an. In dieser Phase wird die Kommunikation wieder aufgebaut, was ebenfalls einige Tage dauern wird, da mit Schäden und Überlastungen gerechnet werden muss. Und erst dann, wenn die Kommunikation – also Handy, Telefon und Internet – wieder funktioniert, gehen wir in Phase 3 über: den Wiederanlauf der gesamten Produktion, Logistik und schließlich die Versorgung mit Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten welche frühestens nach zwei Wochen ab Primärereignis beginnen wird. 4)

Ursachen eines Blackouts

Die Ursachen für einen Blackout reichen von technischem oder menschlichem Versagen über extreme Wetterverhältnisse und Stromungleichgewichte bis hin zu terroristischen oder Cyberattacken. 5) Die Wahrscheinlichkeiten einiger dieser Ursachen steigen leider von Jahr zu Jahr, darunter extreme Wetterverhältnisse, welche Klimawandel bedingt sind, Sonnenstürme, Stromungleichgewichte durch die Energiewende oder die wachsende Gefahr durch Terror- oder Cyberattacken.

Wahrscheinlichkeit für einen Blackout

Aufgrund der Komplexität des Themas und der unterschiedlichen Ursachen, welche in verschiedensten Ländern für ein auslösendes Ereignis sorgen könnten, ist eine genaue Risikoeinschätzung schwer zu treffen. Die Schweiz zum Beispiel stuft einen solchen Stromausfall an Stelle 6 der größten Risiken ein, damit rangiert der Blackout unter den Top 10. An Stelle 1 steht die Strommangellage, was bedeutet, dass die Stromnachfrage größer ist, als das Stromangebot.6)

In Österreich wird ein Blackout als »wahrscheinlich« innerhalb der kommenden drei Jahre eingestuft, weshalb dort sowohl Gemeinden, Bevölkerung, Bundesheer, Feuerwehren als auch Polizei sich entsprechend vorbereiten.7)

Blackout in Deutschland (Quelle: Esa / Montage: Sascha Lobers/Tsp)

Blackout in Deutschland (Quelle: Esa / Montage: Sascha Lobers/Tsp)

In Deutschland haben Bund und Länder nach einer Einschätzung der Risikobewertungen der vergangenen Jahre den Stromausfall als generell eines der zentralen Risiken Anfang 2021 an die EU-Kommission berichtet. 8)

Dementsprechend kann das Risiko für einen langandauernden, überregionalen Stromausfall nicht mehr vernachlässigt werden, sondern sollte in die Notfallplanung und in das Krisenmanagement insbesondere der »Kritischen Infrastrukturen« (KRITIS) aufgenommen werden.

Die drei Phasen während eines Blackouts (Quelle: »Blackout- Vorsorgen für den Krisenfall«, Zivilschutz Steiermark, 2019)

Die drei Phasen während eines Blackouts (Quelle: »Blackout- Vorsorgen für den Krisenfall«, Zivilschutz Steiermark, 2019)Folgen eines Blackouts 9)

Folgen eines Blackouts 9)

Wir leben in einer modernen, hochtechnisierten Welt. Nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens und Arbeitens sowie die gesamte kritische Infrastruktur, die uns mit allem Nötigen versorgt, sind von der Stromversorgung abhängig.

  • Licht, Heizung, elektrische Geräte (Herd, Kühlschrank, smarte Technik . . .), Telefon, TV, Internet fallen sofort aus.
  • Handynetz fällt nach spätestens einigen Stunden ebenfalls aus, allerdings sollte eher von Minuten ausgegangen werden (aufgrund von Erfahrungswerten aus regionalen Stromausfällen, zum Beispiel in Dresden).
  • Ampeln fallen aus, U-Bahnen und Schienenverkehr kommen zum Erliegen, Lifte bleiben stecken.
  • Je nach Lage fällt nach einigen Stunden bzw. Tagen die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung aus.
  • Lebensmittelmärkte schließen bzw. sind nach Wiederöffnen in kurzer Zeit ausverkauft.
  • Bezahlt werden kann nur noch mit Bargeld, dieses kann nur in kleinen Mengen (wenn überhaupt) abgehoben werden.
  • An Tankstellen gibt es keinen Treibstoff mehr. Dies betrifft auch Rettungsdienste, Feuerwehr sowie den nötigen Dieselnachschub für Notstromaggregate.
  • Das Gesundheitswesen (Arztpraxen, Altenheime, Krankenhäuser . . .) arbeitet nur noch sehr eingeschränkt, solange Notstrom verfügbar ist.
  • Nach einigen Stunden bis Tagen kommt es zu schweren Schäden in Landwirtschaft (Melkmaschinen, Belüftung, Wärme . . .) und Industrie.
  • Je länger der Blackout dauert, desto mehr verschärft sich auch die Sicherheitslage, vor allem in Städten.
  • Ein Ausfall des digitalen BOS-Funks wird nach wenigen Stunden bis Tagen erwartet (standortabhängig). Dies führt zu Kommunikationsproblemen der Einsatzkräfte untereinander.
  • Zerfall der Gesellschaft in Kleinstrukturen: Familie – Nachbarschaft – Gemeinde. Hilfe von außen kann nicht bzw. erst spät erwartet werden.

Herausforderungen für die Feuerwehren 10)11)

Zu Beginn der Phase 1 des Blackouts wird es je nach Standort der Feuerwehr zu unterschiedlichen Szenarien kommen. Eine städtische Feuerwehr wird mit einem Verkehrschaos durch ausgefallene Ampeln, Verkehrsleitsysteme und gesperrter Tunnel konfrontiert. Dabei kommt es nicht nur vermehrt zu Unfällen – durch zahlreiche Staus wird auch das Erreichen der Einsatzorte erschwert werden.

Es sind zahlreiche »Einflußgrößen« zu beachten, mit denen sich die Feuerwehren im Blackout auseinandersetzen müssen. Grafik: Sandra Kreitner

Es sind zahlreiche »Einflussgrößen« zu beachten, mit denen sich die Feuerwehren im Blackout auseinandersetzen müssen. Grafik: Sandra Kreitner

U-Bahnen müssen evakuiert, Menschen aus Aufzügen befreit werden, was je nach Größe der Stadt einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Auf dem Land wird es zu Beginn etwas ruhiger zugehen: vereinzelt Befreiungen aus Aufzügen, weniger Verkehrsunfälle. Da relativ schnell die Kommunikationsmöglichkeiten für die Bevölkerung wegfallen werden und diese dann auch keine Notrufe mehr absetzen kann, ist eine schnelle Besetzung der Feuerwehrhäuser zur Notrufweiterleitung nötig.

»Normaler« Stromausfall:

– (wenige) Stunden
– regional
– Hilfe von außen möglich
– Versorgung nicht eingeschränkt

BLACKOUT:

– Tage bis Wochen
– überregional (Länder, Teile oder
ganz Europa)
– keine oder nur eingschränkte Hilfe
von außen
– Versorgung läuft nach eigentlichem
Stromausfall erst langsam wieder an

Nach Absprache mit der Gemeinde ist es vielleicht auch notwendig, Kontroll- bzw. Informationsfahrten durchzuführen, um die Bevölkerung per Lautsprecher über den Blackout zu informieren und auf kommunale Anlaufstellen (sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme, Kat-L) und die Stelle für Notrufweiterleitung hinzuweisen. Dabei kann auch kontrolliert werden, wie die Lage in der Gemeinde ist, ob irgendwo Gullys überlaufen (zum Beispiel durch Rückstau von Abwässern) oder sich die Sicherheitslage gerade an Banken oder Lebensmittelmärkten zuspitzt.

Unabhängig vom Standort muss in Phase 1 von einer erhöhten Brandgefahr durch Nutzung von Kerzen als Lichtersatz und evtl. offenem Feuer durch selbstgebaute Heizmöglichkeiten, aber auch durch Kochen auf zum Beispiel Gaskochern ausgegangen werden. Die Brandgefahr dürfte im Sommer durch ausreichend Wärme und längere Helligkeit geringer sein als im Winter, wenn es früh dunkel wird und die Wohnungen und Häuser schneller auskühlen. Als technische Hilfe wird vor allem in Landwirtschaft und Betrieben der kritischen Infrastruktur (Wasser, Abwasser, Gesundheitssektor) Unterstützung bei der Inbetriebnahme und eventuellen Problemen mit nicht oder eingeschränkt funktionierenden Notstromaggregaten benötigt werden.

Das Stromnetz braucht ein Gleichgewicht (Neztgleichgewicht) nahe 50 Hertz. Quelle: EFZN, Energie-Forschungszentrum Niedersachsen

Das Stromnetz braucht ein Gleichgewicht (Netzgleichgewicht) nahe 50 Hertz. Quelle: EFZN, Energie-Forschungszentrum Niedersachsen

Ein Notstrom-versorgtes Feuerwehrhaus wird außerdem automatisch zu einer »Lichtinsel«, die Menschen auf der Suche nach Hilfe, Information und Wärme anziehen wird. Sollte in der näheren Umgebung nicht mit einem Katastrophen-Leuchtturm (Kat-L) als Informations- und Austauschbasis vorgesorgt worden sein, kann dies vor allem im städtischen Gebiet schnell den Einsatzbetrieb der Feuerwehr behindern. Auf dem Land ist vielleicht das Feuerwehrhaus selbst bereits als Kat-L vorgesehen (Absprache mit der Gemeinde).

Des Weiteren kann in Phase 1 und Phase 2 mit einer erhöhten Sicherheitsproblematik gerechnet werden, wobei die Gemeinde evtl. die Unterstützung der örtlichen Feuerwehr benötigt – vor allem wenn die nächste Polizeidienststelle weiter weg ist und selbst genug zu tun hat. Hierbei wird je nach Lage und getroffener Vorsorge der Bevölkerung früher oder später der »kippende Punkt« erreicht, wobei von Plünderungen (Lebensmittelmärkte) und Aufständen ausgegangen wird.

Falls Phase 1 länger als einige Tage dauern sollte, wird sich die Sicherheitslage immer mehr zuspitzen. Problematisch wird dann auch die fehlende Kommunikationsmöglichkeit nach extern sein. Selbst in Phase 2, wenn bereits wieder Strom fließt, werden Lebensmittelmärkte noch geschlossen sein oder ein sehr eingeschränktes Warensortiment haben. Auch können in dieser Phase noch keine Notrufe abgesetzt werden und die Kommunikation wird nur sehr eingeschränkt – wenn überhaupt – funktionieren. Erst wenn in Phase 3 die Telekommunikationsversorgung wiederhergestellt ist, wird sich die gesamte Situation langsam entspannen. Dies bedeutet, dass nicht nur die ersten Tage während dem eigentlichen Stromausfall, sondern danach ein bis mehrere Wochen ein Not- bzw. Katastrophenbetrieb nötig sein wird, der auch die Feuerwehren betrifft.

Wenn allerdings die Feuerwehrfrauen und -männer selbst nicht oder nur unzureichend privat auf einen Blackout vorbereitet sind, werden sie nach kurzer Zeit nicht mehr zum Dienst erscheinen können. Dies betrifft nicht nur die nötige Notfallvorsorge in Form eines 2-wöchigen Vorrates an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten, sondern auch die organisatorische Vorbereitung. Denn wenn Kinder nicht in Kindergarten und Schulen betreut werden können, pflegebedürftige Angehörige nicht mehr durch den ambulanten Pflegedienst oder Essen-auf-Räder versorgt werden oder schlichtweg der Tank im Auto leer ist und keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren, ist kein Diensteinsatz mehr möglich.

Ein Drittel der Bevölkerung hat Vorräte für gerade einmal drei Tage zu Hause, ein weiteres Drittel kommt bis zu einer Woche aus und nur die wenigsten schaffen es, bis zu den erwarteten zwei Wochen durchzuhalten.12) Jeder, der nichts mehr zu essen daheim hat, oder der sieht, dass die Vorräte knapp werden, wird sich zuerst darum kümmern. Niemand, der mit dem Kopf und seinen Gedanken daheim bei seiner Familie ist und sich sorgen muss, wird seine volle Konzentration und Kraft auf die bevorstehenden Aufgaben richten können.

Darum ist sowohl die Vorsorge in den Institutionen als auch die private Vorsorge von entscheidender Bedeutung. Nur wenn diese beiden Säulen der Vorsorge stehen, kann die Bewältigung eines Blackouts gelingen.

Vorsorge

1. Private Vorsorge 13):

  • Wasser (2 Liter pro Tag und Person)
  • Lebensmittel für 10 bis 14 Tage (Empfehlungen und Listen des BBK) 13)14)
  • Information: batteriebetriebenes Radio, Autoradio, evtl. Standort Katastrophenschutz-Leuchtturm bekannt
  • Kochen: zum Beispiel Campingkocher, Grill (nur draußen) inkl. ausreichend Kohle/Gas
  • Licht: zum Beispiel Taschenlampen inkl. Batterien, Stirnlampen, Campinglampen, Kerzen
  • Heizen: kein offenes Feuer, Gasofen, ausreichend Holz für Kamin, warme Kleidung, Decken
  • Geld: genug Bargeld in kleinen Scheinen, Münzen
  • Sonstiges: Medikamente, Körperpflegeprodukte, Tierbedarf Check bezüglich inselbetriebsfähige PV, Notstromaggregat
  • Organisatorisches: zum Beispiel Familien-Notfallplan (Familienzusammenführung bei Stromausfall), Betreuung von Angehörigen regeln, Auto immer bei halbem Tankstand nachtanken, wenn möglich Fahrgemeinschaften bilden . . . 15)

 

  • Vorbereitung Feuerwehr: 16)17)
  • Personal:
  • Information und Sensibilisierung der Feuerwehrmitglieder zur persönlichen Notfallvorsorge
  • Abklärung der Personalverfügbarkeiten
  • Evaluierung der Anzahl für längeren Notbetrieb (Schichtbetrieb beachten)
  • Verpflegung, Ruhe- und sanitäre Möglichkeiten vor Ort
  • Alarmierungsplan
Grafik: Sandra Kreitner

Grafik: Sandra Kreitner

Organisation:

  • Evaluierung der Funktionen und Geräte, welche bei Stromausfall betroffen sind
  • Listenerstellung des spezifischen, erwarteten Einsatzspektrums
  • Erstellung eines Notfallplans
  • Regelmäßige Übungen zum Szenario bzw. Teilaspekte (eventuell Zusammen mit administrativem Krisenstab der Gemeinde, Bevölkerung, extern . . .)
  • Absprachen mit Gemeinde (Aufgaben, gegenseitige Erwartungen, mögliche und nicht mögliche Leistungen, Anlaufstelle für Bevölkerung . . .)
  • Abklären von speziellen Verpflichtungen gegenüber Dritten
  • Sicherstellung der Treibstoffversorgung
  • Infrastruktur
  • Zutritt zum Feuerwehrhaus und manuelle Öffnung von Toren
  • Abklärung zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
  • Sicherstellung externer und interner Kommunikation

Notstrom:

  • Sicherstellung der Notstromversorgung nach aktuellen Kapazitätsanforderungen
  • Regelmäßiger Realtest
  • Bevorratung und regelmäßige Testung bzw. Umwälzen von Treibstoff
(Bild: pixabay)

(Bild: pixabay)

Fazit

Ein langandauernder, überregionaler Stromausfall ist eines der aktuellsten und weitreichendsten Risiken der heutigen Zeit. Das Risikobewusstsein für solch eine Katastrophe dagegen ist relativ gering und damit verbunden auch die Vorsorge in der Bevölkerung und den kritischen Infrastrukturen. Durch die Corona-Pandemie und Cyberattacken wächst allerdings das Gefahrenbewusstsein für unerwartete Ereignisse, weshalb sich immer mehr Kreise, Gemeinden, Feuerwehren und KRITIS mit dem Thema auseinandersetzen. Eine adäquate Blackout-Vorsorge beruht nicht nur auf der Vorbereitung der jeweiligen Institutionen, sondern auch auf der persönlichen Vorsorge der Mitarbeiter, des Schlüsselpersonals und der Bevölkerung. Nur gemeinsam kann solch eine Lage bewältigt werden.

Teilen
PDF-Download
Weiterempfehlen
Drucken
Anzeige Hersteller aus dieser Kategorie