Krisenbewältigung mit Satellitenkommunikation
Alarmierungssysteme
Immer mehr Gebietskörperschaften am Oberrhein verfügen über eine sichere Kommunikation im Krisenfall. Die Stadt Bruchsal setzt dabei auf die Sparte Dienstleistungen der Netze BW. Ein Praxisbericht.

Zentrale Anlaufstelle für die Notfallkommunikation ist das Feuerwehrhaus Bruchsal. Andreas Kroll, Sachgebietsleiter Bevölkerungsschutz Stadt Bruchsal, Sebastian Haag, Geschäftsführer Stadtwerke Bruchsal, Bernd Molitor, Stadtbrandmeister Bruchsal und Bürgermeister Andreas Glaser (von links) in der Einsatzzentrale (Bild: Netze BW).
Die Fluten im Ahrtal haben es 2021 ins Bewusstsein gerückt: Auf die Kommunikation zwischen Behörden, Krisenstäben und der Blaulichtfamilie kommt es entscheidend an. In Bruchsal ist man früh aktiv geworden, wie Bürgermeister Andreas Glaser erläutert: »Gemeinsam mit den Stadtwerken und der Feuerwehr haben wir uns schon lange auf den Weg gemacht, auf den Krisenfall vorbereitet zu sein und so unsere Resilienz zu erhöhen.

Stadtwerkechef Sebastian Haag und Bürgermeister Andreas Glaser (stehend)
demonstrieren die Anlage (Bild: Netze BW).
Wir absolvieren beispielsweise regelmäßige Trainings mit dem Krisenstab.« Zu diesem »Vor-die-Lage-Kommen« gehören aber auch die Fragen: Wie lässt sich bei einem Ausfall der kritischen Infrastruktur die Verständigung untereinander gewährleisten? Was benötigen wir, um im Ernstfall die Notfallpläne umsetzen zu können?
Im Frühjahr 2022 wies das Landratsamt auf eine Hausmesse der Netze BW, Sparte Dienstleistungen, in Karlsruhe hin, bei der auch die Satellitenkommunikation präsentiert werden sollte. Die mit dem Betrieb kritischer Infrastrukturen vertraute Tochtergesellschaft der EnBW hatte Kommunen aus dem Kreis eingeladen. Andreas Kroll, Sachgebietsleiter Bevölkerungsschutz bei der Stadt Bruchsal, und ein Kollege zeigten sich beeindruckt: »Das hatte Hand und Fuß. Zudem sprachen wir offensichtlich die gleiche Sprache.«
Wer braucht was und wofür?
Ausgestattet mit dem Überblick über die Technik gingen die beiden mit den Experten aus Feuerwehr, Stadtwerken und Verwaltung ans Werk für ein Konzept: Welche Szenarien sind vorstellbar? Welche Stelle bräuchte dann sinnvollerweise welche Ausrüstung? Und schließlich: Mit welchen Kosten ist zu rechnen?
Dabei stand eines außer Frage: Das Herz der Notfallkommunikation schlägt in der Einsatzzentrale der Feuerwehr. Die ist in Bruchsal seit dem Neubau des Feuerwehrhauses 2020 für den Normalbetrieb mit je zwei unabhängigen Glasfaser- und Festnetzanschlüssen ausgestattet und verfügt obendrein über zwei GSM-Verbindungen. Den Entscheidungsträgern sollte jedoch im Ernstfall auch das Herzstück
einer Satellitenkommunikation – eine fest installierte Anlage – zur Verfügung stehen. Zu der gehören zunächst eine wettergeschützte SAT-Antenne mit Modem. Der integrierte Akku reicht im Betrieb für 2,5 Stunden, im Stand-by bis zu vierzig. Auf Basis einer zusätzlichen Notstromversorgung sind die sofortige Verfügbarkeit wie der dauerhafte Einsatz gewährleistet. Die Anlage lässt sich außerdem
an ein bestehendes TK-System andocken und erlaubt sowohl schmalbandigen IP-Datenaustausch wie die Einrichtung eines Notruftelefons. Obendrein ist WLAN integriert.

Andreas Kroll mit der mobilen SAT-Einheit, über die im Notfall vom Einsatzleitfahrzeug die operativen Tätigkeiten gesteuert werden (Bild: Netze BW).
Zu den wichtigsten Ansprechpartnern gehört das Einsatzleitfahrzeug, von dem aus die operativen Tätigkeiten gesteuert werden. Deshalb erhielt es eine mobile SAT-Einheit in einem wetterfesten Koffer. Sie verfügt über eine sich selbst ausrichtende Antenne mit Modem. Der Akku hält zehn Stunden. WLAN ist integriert, und über eine definierte SAT-Nummer sind die Fahrzeuge dauerhaft erreichbar. Die Antenne lässt sich mit den Magnetfüßen auf dem Fahrzeug befestigen und während der Fahrt bedienen. Für die Kommunikation mit den Einsatzkräften vor Ort wurden zudem zwei SAT-Mobiltelefone für Kommandowagen beschafft.
Von der Struktur her ähnlich stellten sich die Stadtwerke für die Versorgungssicherheit bei Strom, Gas und Wasser auf: eine fest installierte SAT-Anlage in der Netzleitstelle, dazu einen mobilen SAT-Koffer für die Leitung der operativen Tätigkeiten und schließlich zwei Mobiltelefone für die Montagetrupps. Mit einer weiteren mobilen Anlage sowie zwei SAT-Handys wurde auch das Rathaus ausgestattet. Schließlich steht die Verwaltungsspitze im Krisenfall im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und trägt letztlich die Gesamtverantwortung.
Grenzüberschreitende Vernetzung
Blieb die Frage, wie sich die drei Bereiche ausfallsicher und unkompliziert auch untereinander vernetzen können. Auch dafür hatte die Netze BW eine Lösung parat: eine Lizenz für die schwarzfallsichere »REDCOM«-Plattform. Dahinter steht ein Sicherheitsserver, der von mit Notstromversorgung ausgestatteten Endgeräten (PC, Tablet) über Webbrowser erreichbar ist. Auf ihr lassen sich Notfallkontakte hinterlegen und clustern, mit denen dann der Austausch wichtiger Daten in geringen Mengen erfolgen kann. »Es erinnert ein wenig an Chatten in Whatsapp«, erläutert Andreas Kroll.
Der besondere Charme an der Lösung: Sie ist international etabliert und auch bei der gemeinsamen Integrierten Leitstelle von Stadt und Kreis Karlsruhe sowie in dessen Führungsstab im Einsatz. »Damit sind im Grunde auch Hilfeersuchen über Gemeinde-, Kreis- und sogar Landesgrenzen hinweg möglich«, betont Luca Arsic vom Landratsamt. Dessen Amt für Bevölkerungsschutz hatte die Kommunen schon lange dazu ermuntert, sich um eine sichere Notfallkommunikation zu bemühen. Inzwischen sind wir im Kreis fast flächendeckend am Ziel und vermutlich einer der Vorreiter weit und breit.« Wobei man links und rechts des Rheins noch größer denkt: Schweizer und elsässische Gebietskörperschaften und dazu pfälzische und badische Städte und Kreise haben sich nicht nur beim Aufbau der Notfallkommunikation zusammengetan, vielmehr üben die Partner regelmäßig den gemeinsamen, praxisnahen Einsatz der Technik. Der Lohn: erhebliche Zuschüsse der EU im Rahmen eines INTERREG-Projekts beziehungsweise aus Schweizer Bundesmitteln.

Notfallkoffer Satellitenkommunikation (Bild: Netze BW).
Verlässlicher Support
Zurück nach Bruchsal: Mitte 2022 wurden die ersten mobilen SAT- Koffer geliefert. Nach und nach folgten die weiteren Komponenten seitens der Sparte Dienstleistungen der Netze BW. Präzise Untersuchungen der Örtlichkeiten gingen der Installation der ortsfesten Anlagen voraus. »Alles hat tipptopp funktioniert«, lobt Andreas Kroll. Gleiches gelte für die Einführung in die Feinheiten der Technik für einen kleineren Kreis sowie die Unterweisungen für die Nutzer der mobilen Geräte. »Das ist kein Hexenwerk, aber einige Besonderheiten müssen zur Routine werden.« So geht es bei den Trainings in eigener Regie darum, mit »Ende« oder »over« – ähnlich wie beim Funken – das jeweilige Ende einer Durchsage zu signalisieren. Gewöhnungsbedürftig sei, dass die SATHandys nur im Freien funktionierten. Aus Kostengründen trage man Sorge, sich auf die im Vertrag enthaltenen Freiminuten zu beschränken.

Notfallkoffer Satellitenkommunikation im Einsatz (Bild: Netze BW).
Apropos Kosten: Die Stadt hat sich mit der Netze BW auf ein Leasingmodell verständigt, das einen umfassenden Support gewährleistet. Dankbar ist man in Bruchsal dabei für die Vorreiterrolle des Landkreises. Wobei der Gemeinderat das Anliegen voll unterstütze.
Einen Ausblick in Sachen Technik wagt Andreas Kroll noch: Mit dem System »Starlink« ließen sich erheblich größere Datenmengen noch komfortabler austauschen als mit »REDCOM«. Auch hier setzt man in Bruchsal auf das Know-how der Netze BW: Die wird die Entwicklung von Technik und Markt weiter intensiv beobachten.