Lebenswichtiger Schutz für Rettungskräfte: sichere und reine Atemluft

Artikel vom 6. September 2023
Atemschutzgeräte

Kein Rettungseinsatz in kontaminierter Umgebung oder unter Wasser ist ohne die externe Versorgung mit reiner Atemluft denkbar. Wenn ein Feuerwehrmann, Katastrophenschützer oder Rettungstaucher seine Ausrüstung mit den Atemluftzylindern schultert, muss er sich blind auf die Qualität der in den Flaschen gespeicherten Hochdruckluft verlassen können.

(Bild: Bauer).

(Bild: Bauer).

Die Erzeugung reiner Atemluft nach der maßgeblichen Atemluftnorm DIN EN 12021:2014 findet in einem komplexen Prozess statt, der höchstes technisches Know-how erfordert.

Seit Bauer Kompressoren im Jahre 1956 mit dem legendären »UTILUS« seinen ersten Atemluftkompressor auf den Markt gebracht hat, wurden die Verdichtersysteme im Rahmen jahrzehntelanger Entwicklung perfektioniert. Inzwischen bietet der Hersteller ein lückenloses System, welches von der Verdichtung über die Aufbereitung bis hin zur kontinuierlichen 24/7-Überwachung durch Gasmesssysteme reicht. Während Taucher im Regelfall 200-bar- Tauchzylinder verwenden, arbeiten Rettungskräfte an Land mit leichteren und kompakteren 300-bar-Composite-Zylindern. Der Luftvorrat, der den Einsatzkräften zur Verfügung steht, errechnet sich aus Zylindergröße multipliziert mit dem verwendeten Druck. In einem 10-Liter-Tauchzylinder mit 200 bar Druck befinden sich demnach rechnerisch 2000 Liter Atemluft, in etwa die gleiche Menge, wie in einem 6,7-Liter-Composite-Zylinder der Feuerwehr mit 300 bar Druck.

Oben im Bild sorgt das »Aero-Guard«-System dafür, dass Kohlendioxid vor der Verdichtung zuverlässig aus der angesaugten Luft entfernt wird (Bild: Bauer).

Links im Bild sorgt das »Aero-Guard«-System dafür, dass Kohlendioxid vor der Verdichtung zuverlässig aus der angesaugten Luft entfernt wird. Rechts daneben der Hochdruckverdichter »VERTICUS«, der mit integriertem P-Filtersystem die benötigte Menge hochreiner Atemluft nach DIN EN 12021:2014 erzeugt. Rechts daneben (oben) das System »B-DETECTION PLUS«, das mit hochsensibler Sensorik während des gesamten Betriebs lückenlos die Atemluftqualität misst (Bild: Bauer).

Sichere Hochdruckverdichtung mittels Kompressor

Die Befüllung der Zylinder erfolgt über einen Hochdruckkompressor, der die aus der Umgebung angesaugte Luft von atmosphärischem Druck (ein bar) auf Enddruck verdichtet. Die Verdichtung muss aus zwingenden technischen Gründen in mehreren einzelnen Stufen erfolgen. Bei Bauer kommen dafür drei- oder vierstufige Kolbenverdichterblöcke zum Einsatz. Die angesaugte Luft durchströmt zunächst einen Ansaugfilter, der Partikel aus der Luft entfernt, gelangt dann über das Einlassventil in den Zylinder der ersten Stufe, wo die Luft vom Kolben auf circa drei bis sechs bar verdichtet wird. Durch das Auslassventil gelangt die Luft in einen Zwischenkühler, in dem das in der Luft enthaltene Öl- und Wassergemisch kondensiert. Die gebildeten Tröpfchen werden in einem Zwischenabscheider zur späteren Entsorgung gesammelt. In der zweiten bis vierten Stufe wiederholt sich dieser Vorgang, bis der gewünschte Enddruck von 200 oder 300 bar erreicht ist. Für kompromisslose Sicherheit des Personals beim Befüllen der Atemluftzylinder hat das Münchener Unternehmen die Sicherheitsfüllrampe »B-SAFE« entwickelt. Die Zylinder werden dabei während des Füllvorgangs in der Sicherheitszelle mit massiven Außenwänden aus Stahlblech platziert. Erst nach dem Verriegeln der Sicherheitstür kann der Füllvorgang gestartet werden. Im Falle eines berstenden Zylinders verhindert »B-SAFE« damit wirksam, dass es zu Verletzungen des Füllpersonals oder zu einer Zerstörung des Füllraums kommt.

Luftaufbereitung für lückenlose Atemluftqualität

Die Aufbereitung ist der zentrale Baustein bei der Erzeugung von Atemluft. Der Kompressorenhersteller hat über die Jahrzehnte maßgeschneiderte Systemkomponenten für jeden Einsatzzweck entwickelt, die zuverlässig und sicher dafür sorgen, dass die Luft im Zylinder stets die strengen Atemluftnormen erfüllt. Bevor die verdichtete Luft als Atemluft verwendet werden kann, muss sie noch in einem komplexen Prozess aufbereitet werden. Beim Verlassen des Verdichterblocks ist sie noch komplett mit Feuchte gesättigt, enthält zudem Öl, das zur Schmierung der Zylinderwände notwendig ist. Mit Verunreinigungen durch Ölrückstande (Aerosole) ist nicht zu spaßen: Zu den harmloseren Folgen zählen unter anderem Kopfschmerzen. Bei deutlichen Überschreitungen des Grenzwerts können sich Ölrückstande dauerhaft in der Lunge ablagern und die Lungenbläschen (Alveolen) schädigen. Zudem kann potenziell bereits die angesaugte Umgebungsluft Schadstoffe enthalten: Besonders gefährlich ist das geruch- und geschmacklose Kohlenmonoxid, weil es die Sauerstoffversorgung des Blutes blockiert und dadurch in hohen Dosierungen lebensgefährlich werden kann. Auch ein zu hoher Anteil an Kohlendioxid kann zu Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen und Trübung des Urteilsvermögens bis hin zur Bewusstlosigkeit führen.

Atemluftkompressor »VERTICUS« im Einsatz beim Firefighting Combat Challenge in Berlin (Bild: Ralf Deichelmann).

Grenzwertüberschreitungen werden wirksam unterbunden

Von Natur aus ist Kohlendioxid in der Umgebungsluft enthalten. Der Gehalt in der Atmosphäre liegt derzeit bei zirka 420 Parts per million, steigt aber kontinuierlich an. Kommen  Faktoren wie städtische Umgebung, saisonale Schwankungen, Inversionswetterlage oder Anlagenbetrieb in Räumen mit vielen Menschen hinzu, ist der Grenzwert der Atemluftnorm von 500 Parts per million schnell überschritten.

Um jegliche Grenzwertüberschreitung wirksam zu unterbinden, wurde das »AERO-GUARD«-System entwickelt, welches dem Hochdruckverdichter vorgeschaltet wird. Über ein smartes Bypasssystem wird dazu ein Teil der durchströmenden Luft ins Innere des Behälters abgeleitet, wo eine Filterpatrone mit spezieller Atemkalkfüllung das enthaltene Kohlendioxid bindet und damit den Gehalt in der Ansaugluft soweit absenkt, dass der Grenzwert sicher eingehalten wird. Nach dem Verdichtungsprozess durchläuft die Luft zunächst einen Endabscheider, der flüssiges Öl und Wasser abscheidet, um die Filterpatrone zu entlasten und dadurch die Standzeit zu erhöhen. Die eigentliche Aufbereitung der Luft erfolgt dann in den P-Filtersystemen von Bauer: Die Luft durchströmt die Patrone im Inneren des Filtergehäuses. Dabei werden Feuchte, Öldampf und Kohlenwasserstoffe adsorbiert. Die Patrone ist zu diesem Zweck mehrstufig aufgebaut: Die erste Füllschicht besteht aus sogenanntem Molekularsieb, einem Granulat, welches so winzige Poren enthält, dass sich darin die Wassermoleküle fangen. Die nächste Schicht aus Aktivkohle bindet Öldämpfe. Bei Verdichtern mit Verbrennungsmotoren werden spezielle Filterpatronen eingesetzt, die zusätzlich eine Schicht Hopcalite enthalten. Im Wege eines katalytischen Prozesses oxidiert dieser Stoff lebensgefährliches Kohlenmonoxid in Verbindung mit Luftsauerstoff in das in geringen Mengen ungefährlichere Kohlendioxid.

Überwachung 24/7 ist Kernstück des Sicherheitskonzepts

Wichtigster Baustein des Gesamtsystems ist aber neben wirksamer Luftaufbereitung die Qualitätsüberwachung, um sicherzustellen, dass zu keinem Zeitpunkt Schadstoffe in die Atemluft gelangen können. Denn auch eine gut gewartete Anlage mit perfekt funktionierendem Filtersystem schützt nicht hundertprozentig vor dem Eintrag von gefährlichen Schadstoffen aus der Umgebung. Deshalb hat Bauer Systeme entwickelt, die heute durch lückenlose Überwachung der Luftqualität kompromisslose Sicherheit bieten.

Am Anfang der 1980er-Jahre stand die »SECURUS«- Filterüberwachungseinheit, die die Feuchte im Inneren der Patrone maß und rechtzeitig den notwendigen Wechsel der Filterpatrone anzeigte. Heute kommt das kompakte Nachfolgemodell »B-SECURUS« bei Verdichtern mit P-Filtersystemen zum Einsatz. Einen neuen Level an Sicherheit bietet das ebenfalls von den Münchenern entwickelte Gasmesssystem »B-DETECTION PLUS«. Das betrifft sowohl die Sicherheit vor Verunreinigungen in der Luft, als auch das Thema Rechtssicherheit des Betreibers. Durch permanente sensorbasierte Messung im Luftstrom stellt dieses Gasmesssystem sicher, dass während des gesamten Anlagenbetriebes keine schadstoffbelastete Luft in die Atemluftzylinder gelangen kann. Für jeden einzelnen gemessenen Inhaltsstoff – Wasserstoff, Sauerstoff, Öl (VOC), Kohlendioxid und Kohlenmonoxid – ist ein eigener Sensor zuständig. Für absolute Messpräzision und Messsicherheit werden die Sensoren regelmäßig mit Kalibriergas überprüft.

P40-Filtersystem mitvorgeschaltetem Endabscheider und »SECURUS«-System (Bild: Bauer).

P40-Filtersystem mit vorgeschaltetem Endabscheider und »SECURUS«-System (Bild: Bauer).

Hierfür steht in der neuesten Generation eine vollautomatische Einheit zur Verfügung. Sollte einer oder mehrere der Schadstoffe in der erzeugten Luft den vorgeschriebenen Normgrenzwert überschreiten, schlägt das »B-DETECTION PLUS«-Gasmessgerät sofort Alarm. Über ein Spülventil wird die Luft nach außen abgeleitet, bis die Grenzwerte wieder im Rahmen liegen. Ist die Grenzwertüberschreitung nicht nur von kurzer Dauer, schaltet das Gasmesssystem die Anlage notfalls ab. Lediglich durch den passwortgeschützten »Own-Risk-Mode« kann in kritischen Situationen eigenverantwortlich die Anlage weiter betrieben werden.

Datenspeicherung bietet Anwender Rechtssicherheit

Der Betreiber selbst profitiert in Form von Rechtssicherheit. Denn durch den Einsatz von »B-DETECTION PLUS« kann er nachweisen, dass die Luftqualität jederzeit den Bestimmungen entsprochen hat. Zu diesem Zweck loggt das Gasmessgerät während des gesamten Betriebs die Messdaten. Die Speicherung erfolgt intern auf einer Speicherkarte über verschiedene Datenschnittstellen direkt im eigenen System beziehungsweise auf Wunsch auch zusätzlich in der »B-CLOUD« von Bauer, die einen weiteren essenziellen Baustein im Sicherheitskonzept darstellt. Sie ermöglicht nicht nur die Datenspeicherung hinsichtlich Luftqualität, sondern erlaubt auch die Einstellung und Funktionskontrolle der Verdichteranlage aus der Ferne.

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